Tina Tannwald – Zweiseelenkind (Satyri Band 1)

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Autorin: Tina Tannwald
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Blog: https://tinatannwald.wordpress.com
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Nach dem Flugzeugabsturz im Prolog wacht Johanna in einer fremden Hütte auf und man ist als Leser zuerst genauso verwirrt, wie sie selbst. Auch wenn man selbst schnell erkennt, dass sie nicht mehr in ihrer Welt ist, fällt es ihr umso schwerer das zu akzeptieren. Verzweifelt versucht sie logische Erklärungen für alles zu finden und ich hatte viel Spaß dabei ,zu sehen, wie kreativ Johanna wird. Nachdem aus dem Klappentext schon deutlich wurde, dass sie tatsächlich in einer von mythischen Wesen durchzogenen Welt gestrandet ist, war es umso lustiger, dass sie ihn für einen verrückten Einsiedler mit wirren Weltansichten und viel zu starkem Haarwuchs hielt. Umso mehr, wenn man wie ich selbst Interesse für Mythologien hat und schon weiß, wie eine Mischung aus Satyr und Mensch wohl aussehen könnte.

Die anfängliche Zeit der Ruhe und des Friedens nutzt Tina, um die Beziehung zwischen Keron und Johanna aufzubauen. Zu Beginn ist er sehr kalt, zurückweisend und bietet ihr nur die nötigste Pflege und Gastfreundschaft, um sie nicht sterben zu lassen. Das Gefühl, ausgestoßen und fehl am Platz zu sein, zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte. Doch auch, als sie mit den Wochen, die in der Hütte verstreichen, lernen, miteinander auszukommen und auch Gefühle füreinander entwickeln, die Distanz, die unsichtbare Ziegelwand, wie Johanna sie nennt, bleibt bestehen und sie verzweifelt zwischen der Distanz und der Nähe zu ihm, die sie sich mittlerweile wünscht.

Keron lebte nicht allein in seiner Hütte, an seiner Seite ist Tawo, ein sehr intelligenter Wolf, der es mit seiner aufgeschlossenen Art schafft, selbst ein kleiner Hauptprotagonist zu werden und Johanna gerade in der anfänglichen Zeit der Einsamkeit beisteht.

Mit dem Aufbruch aus der Hütte beginnt die Reise der drei, die den Grundstein für das zweite Buch legt. Nach und nach führt Tina die mythologischen Kreaturen und Mischwesen ein, angefangen bei den Satyrn als Antagonisten.

Nach ihrer Gefangennahme und damit Ankunft im Lager der Terasii, wie Keron selbst Mischwesen aus Mensch und Satyr, verstoßen und gehasst von beiden,, erreichen sie ihren ersten wichtigen Zwischenstopp, in dem sie von den grundlegenden Konflikten erfahren, der Unterdrückung der Terasii durch die Satyrn, dem Verbot sich mit Menschen einzulassen und von der besonderen Verbindung des Satyrvaters zu seinen Kindern, falls diese das Verbot brechen.

Besonders Voula, eine hinterlistige und sehr intelligente Terasii und der Anführer Avraam werden im weiteren Verlauf sehr wichtig. Wie Keron ist auch Avraam ein Jäger der thrakischen Göttin Bendis, die ihm einen ihrer Wölfe zur Seite stellt. Der Jäger und sein Wolf sind im Geist verbunden und verstehen sich ohne Worte, ein weiteres wichtiges Motiv des Buches.

Nach dem Verrat von Avraam an seinem Volk und der Eröffnung der Jagd auf Io und Keron, setzen beide in Flucht ihre Reise fort. Sie trifft auf ihrem Weg Bendis, eine thrakische Göttin, und erfährt von der Seele von Ioanna, die in ihr wohnt. Sie erhält Lazis, den Wolf Avraams, der mit dem Verrat die Gunst von Bendis verliert, und besitzt durch Ioannas Seele Kräfte, die sie zu beherrschen lernen muss, denn bislang sträubt sich ihr Körper noch dagegen.

Ihre Heldenreise führt sie durch das Rodophengebirge zur thrakischen Stadt Abdera. Durch Visionen, göttliche Erscheinungen und Gefährten, die sie auf ihrer Reise treffen, erfahren sie mehr über ihren Sinn und werden auf ihr Ziel vorbereitet. Dennoch bleibt noch vieles im Unklaren, allen voran die Motive der Bendis oder des Anführers der Satyrn. Ständig verfolgt und von Gefahren umgeben, bleibt ihnen dabei kaum Zeit zu rasten. Dennoch kommen sich Keron und Io nun endlich näher und auch der Bruch des Verbots der Satyrn gibt ihnen wichtige Informationen mit auf den Weg. Schon bald wird ihre Beziehung von einer größeren Belastung als die stete Unruhe gefährdet werden. Kurz vor Abdera endet der erste Band und lässt den Leser mit vielen offenen Fragen zurück, die die Helden nun am Ziel ihrer Reise ergründen müssen. Dabei ist klar, dass die wahre Bedeutung ihrer Reise sich erst noch eröffnet und die wahren Gefahren noch vor ihnen liegen.

Tina schafft es mit einer Vielzahl von Vergleichen und Beschreibungen die Szenen lebendig erscheinen zu lassen, sodass man sich gut in die mystische Welt einleben kann. Das fängt schon bei dem Aussehen der Satyrn an, der ganz unterschiedlich ausfallenden Terasii, allen voran natürlich Keron mit seinen von Fell überzogenen Beinen oder der Kentauren. Immer wieder nimmt sie sich die Zeit, die Welt und die einzelnen Szenen mit Details zu füllen, und schafft damit genau diese Lebendigkeit, die gerade in mythisch-fantastischen Geschichten wie dieser essentiell ist. Selbst ohne Bild der mythischen Kreaturen konnte man sie sich gut vorstellen und auch die Handlungen der Charaktere sowie die Orte, an denen sie sich befinden, wirkten sehr greifbar. Durch die Vergleiche zu unserer Welt, unserer Vegetation und den Wesen und Geräuschen, die wir selbst kennen, kann man sich sehr schön darin verlieren.

Neben der spannend erzählten Heldenreise sind auch die Kreaturen interessant, die im Buch vorkommen. Aus der griechischen Mythologie und Kultur findet sich der Gott Dionysos und seine Dionysien wieder, die Satyrn, Nymphen und Kentauren sowie weitere mythologische Wesen; aus der thrakischen Mythologie unter anderem die Götter Bendis und Zagreus. Doch sind nicht nur die Mythologien gut recherchiert eingebaut, denn das Rodophengebirge verläuft tatsächlich zwischen dem alten thrakischen und griechischen Territorium genauso, wie es auch von der Landschaft her im Buch beschrieben wird. Wie auch zu ihren anderen Büchern klärt Tina Tannwald über die Hintergründe ihrer Bücher in ihrem Blog auf, so auch zu Satyri. Wer mehr über Griechen, Thraker und die Grundlagen des Buches erfahren will, sollte dort unbedingt vorbeischauen.

Als Freund von Mythologien und Heldenreisen bin ich somit schon voll auf meine Kosten gekommen, aber auch ohne Vorwissen schafft es die Geschichte sehr schön zu fesseln und die Fantasie anzuregen. Umso mehr noch, da all die Fakten zu den mythischen Wesen sehr gut recherchiert sind und man auf der Reise selbst noch das ein oder andere lernen kann.

Mit ihrer bildhaften Sprache und guter Rechtschreibung und Ausdrucksfähigkeit lässt sich das Buch sehr angenehm lesen. Die spannende Handlung, die sehr viele Fragen eröffnet, macht Lust auf mehr und wer am Ende des ersten Buches zufrieden ankommt, muss auch den zweiten Band lesen, in dem die Reise erst ihren Höhepunkt erreichen wird. Empfehlen kann ich das Buch jedem Fantasyfan, noch mehr denen mit Interesse für Mythologien.